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Wie der Füchse-Kapitän in Niesky landet
11.12.12, 10:39 Uhr (Quelle: Sächsische Zeitung)
Jörg Pohling: Von der deutschen Junioren-Nationalmannschaft bis zu den Tornados – jetzt versucht der Verteidiger, auch im „normalen“ Berufsleben, Fuß zu fassen. Dieser Spieler im Nieskyer Tornado-Trikot fällt schon rein äußerlich auf, mit seinem gleitenden Laufstil, mit dem Kopf, der immer oben ist und mit der blonden Mähne, die unter dem Helm hervorlugt. Jörg Pohling, inzwischen 37 Jahre, ist aber auch auf dem Eis noch ein echter Könner, mindestens für Oberligaverhältnisse. Und er wird für die Weißwasseraner Fans immer der Kapitän der Lausitzer Füchse bleiben. Das war „Golle“, der bis vor vier Jahren seine gesamte Karriere in Weißwasser verbrachte, viele Jahre lang. Er machte in der Glasmacherstadt seine ersten Schritte auf dem Eis, durchlief die komplette Nachwuchsausbildung, schaffte es bis in die deutsche Juniorenauswahl, gab sein Debüt bei den Männern gleich in der DEL und spielte 14 Saisons in Weißwasser. Ende der Saison 2007/08 standen über 650 Spiele, über 100 Tore und rund 150 Vorlagen für die Füchse in seiner sportlichen Vita. Und so ein Mann spielt jetzt für Niesky! Fragt man ihn, merkt man, dass Jörg Pohling gern noch länger für die Lausitzer Füchse gespielt hätte. Aber: „Die Füchse wollten sich damals neu orientieren und haben mir keinen neuen Vertrag angeboten“, erklärt er. Für einen Eishockeyprofi heißt es dann, sich neu zu orientieren. Für einen, der immer in seiner Heimat gespielt hat, gar nicht so leicht. Letztlich ging es eine Liga nach unten. „In Halle waren mit Benjamin Thiede und Stephan Kuhlee schon zwei Spieler, die ich kannte. Da hat sich das dann angeboten.“ Pohling gehörte sofort zu den absoluten Leistungsträgern im Team. Nach zwei Jahren in Halle wollte Pohling seine Karriere eigentlich beenden, um einen Einstieg ins Berufsleben zu finden. Schließlich verdient man als Eishockeyprofi in der 2. Bundesliga nicht so viel, dass man danach große Reserven aufgebaut hätte. In Chemnitz ergab sich dann die Chance, beides zu tun, weiter Eishockey zu spielen und bei einem Sponsor im Büro zu arbeiten. Also wechselte Jörg Pohling vor gut zwei Jahren nach Chemnitz, bezog eine Wohnung und lebte wie ein „Montagearbeiter“, getrennt von seiner Familie. Frau und die zwei Kinder blieben in Weißwasser. Umschulung gibt den Ausschlag Ohne Berufsausbildung wird das auf Dauer nichts, war auch Jörg Pohling klar, der sich deshalb um eine Umschulung zum Bürokaufmann in räumlicher Nähe zu Weißwasser bemüht hat. „Wenn das nicht geklappt hätte, wäre ich noch ein Jahr in Chemnitz geblieben“, sagt er. Die Tornados, die vielen Eishockeyspieler aus Weißwasser kennensich ja untereinander gut, hatten natürlich davon gehört. Der Anruf von Trainer Jens „Theo“ Schwabe, der viele Jahre lang mit Pohling gemeinsam in Weißwasser gespielt hat, ließ nicht lange auf sich warten. Zwar gab es auch ein Angebot der Chemnitzer, nur zu den Spielen an den Wochenenden abzureisen, „aber da lag mir Niesky dann näher“, sagt Jörg Pohling. Niesky ist etwas anders Bereut hat er den Wechsel bislang nicht, auch wenn die Mannschaft rein sportlich den eigenen Ansprüchen (Saisonziel Platz drei) noch weit hinterherläuft. Der Verteidiger erklärt: „Hier ist alles familiärer. Woanders werden pro Saison mindestens fünf, sechs Spieler getauscht. Hier ist der Stamm schon ewig zusammen. Und das Verhältnis zwischen Vorstand und Mannschaft ist eben so wie in einer großen Familie.“ Auch an das Freiluftstadion hat sich Pohling, der zuletzt in seiner Jugend regelmäßig unter freiem Himmel gespielt hat, inzwischen, nach ein, zwei Wochen Anpassung, längst gewöhnt: „Der Unterschied sind bisher nicht mal so sehr die Temperaturen. Die sind in den Stadien manchmal auch nicht viel höher. Aber, dass es von oben dunkel ist, der Wind, Niesel, Regen, manchmal auch Schnee, das ist natürlich alles anders als im überdachten Stadion.“ Nahezu erstaunlich ist es auch, mit welcher Gelassenheit die Verantwortlichen bei den Tornados mit der bisher unbefriedigenden Saison umgehen. Am Sonnabend gelang im 14. Saisonspiel erst der vierte Sieg. Trotzdem kommt keine Hektik auf: „Beim letzten Stammtisch haben uns die alteingesessenen Fans Mut zugesprochen und gesagt, dass sie weiter an uns glauben. Es gibt keine Hektik im Verein. Man will nicht mal von einer Krise sprechen. Man versucht es im Guten. Alle, und da schließe ich mich ein, sind der Überzeugung, dass wir es mit mannschaftlicher Geschlossenheit schaffen können, dass der Knoten platzt und wir eine kleine Siegesserie starten. Dann wären wir auch ganz schnell wieder im Mittelfeld der Tabelle.“ Der dritte Platz sei zwar von vornherein etwas zu hoch gegriffen gewesen, angesichts der Stärke der Liga mit vielen Ex-Profis und bei einigen Teams zahlreichen jungen Förderlizenzspielern, die die Oberliga als Sprungbrett für ihre Profikarriere nutzen wollen. Wie hält man als 37-Jähriger mit deren Schnelligkeit mit? Pohling lächelt und sagt: „Mit Routine – davon habe ich genug – und geschicktem Stellungsspiel.“ Wie er das noch in Niesky zeigt, weiß der Verteidiger nicht. Die Umschulung dauert zwei Jahre, danach müsste es mit der Arbeit passen. Und in dem Alter gilt sowieso: Das wird von Jahr zu Jahr entschieden.
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