16.02.12, 20:36 Uhr
(Quelle: Sächsische Zeitung) Der Eishockeychef in Niesky Joachim Sauer hat beim Auftakt der Saison klare Worte an Fans und Politik gerichtet, wie es um das Eisstadion in Niesky steht. Unterdessen trainieren die sechs- bis achtjährigen Nachwuchsspieler noch in Niesky – zwar mit Flutlicht, aber je nach Wetter auch mit Schnee. Dass das Waldstadion schon Spielstätte für Eishockeylegenden war, zeigt unser historisches Foto: Eberhard Haupt und Horst Bürgel 1947 im Nieskyer Waldbad. Der schnelle Sport gehört seitdem zur Identität von Niesky.
Nieskyer haben sich ihr Stadion selbst gebaut
Genau vor 45 Jahren, 20 Jahre nach dem Eishockeystart in Niesky, erstrahlten erstmals Flutlichtmasten im neuen Natureisstadion am Waldbad. Eine neue sportliche Ära begann. Nun droht das Aus. In zwei Jahren läuft die Betriebserlaubnis für das Stadion aus. Tausende Sportler, Fans und Bürger setzen sich für den Erhalt ein. Die Zeichen stehen auf Sturm. Vor 45 Jahren, an einem recht winterlichen Mittwoch, wurde zwischen Waldbad und Sonnenhügel das neu erbaute Nieskyer Natureisstadion eröffnet. Über 500 Zuschauer waren begeistert von der eindrucksvollen Anlage, die vor allem durch die Ideen und dem Mitarbeiten der Sportler und Bürger in fast 2 000 freiwilligen Stunden entstand. Selbst der damalige Eishockeychef von Dynamo Weißwasser, Sportfreund Lenigk, schwärmte bei der Premiere: „Dieses Eisstadion braucht keinen Vergleich mit den besten Natureisbahnen in unserer Republik zu scheuen. Ja, es ist die beste Anlage. Besonders die Lichtverhältnisse sind ausgezeichnet.“ 32 Jupiterlampen mit 24 000 Watt machten die Nacht zum Tag. Eine blitzsaubere Bande umgab die gespritzte Eisfläche, selbst das hölzerne Umkleide-, Mannschafts- und Aufenthaltsgebäude entsprach den damaligen Anforderungen. Klaus Schneider, Waggonbauer und Aufbauhelfer, sagte beim Treff nach der Eröffnung: „Wir haben etwas Schönes errichtet. Damit wird in Niesky der Eissport nie untergehen.“ Dabei dachte er als Eishockeyspieler wohl kaum an die 2:11-Auftaktniederlage gegen Dynamo Zittau. Erbaut wurde das Eisstadion in der Rekordzeit von vier Monaten! Manfred Junker, die Nieskyer Eisund Eishockeylegende, sagt nach 45 Jahren dazu: „Eine Planierraupe? Wenige Stunden später war sie da. Die Lichtmasten? Der Waggonbau half. Ohne wenn und aber, trotz Materialknappheit. Waggonbauer und Feldhockeychef Helmut Weinig organisierte das perfekt.“ Wie der Beton auf die Fläche kam, darüber lächelt der heute 78-Jährige nur. Aber übers Eismachen, das erzählt er gerne: „Mit dem Spritzen begannen Rudi Kahra und ich zwischen vier und fünf Uhr. Da war noch genug Druck in der Wasserleitung. Bis vier Stunden dauerte es. Das Eis musste ja um die sechs Zentimeter dick sein. Am besten waren richtig knackige Minusgrade.“ Gespritzt wurde mit einem dünneren Feuerwehrschlauch und Gartenschläuchen. Eine harte und mühselige Arbeit. Plötzlich wird Manfred Junker nachdenklich. „Wir hätten damals auch den Einbau der Eisanlage geschafft. Doch der DDR-Staat war dagegen. Kunsteis? Das war nichts für die Provinz, nur für Berlin und einige Eissportzentren.“ So musste das Geschenk aus Weißwasser, gelagert am Stadion, verrotten. Dann der Januar 1994: Das neue Kunsteisstadion feiert die Einweihung. Bernd Funke, Hubertus Noll und Manfred Junker erhalten den Auftrag von OB Wolfgang Rückert: „Lasst die alten Traditionen wieder aufleben.“ Es gelang: Die Nachwuchsarbeit, die Eisstockschützen um Frank Hundeck, die Tornados, die Begeisterung der Fans, der Zusammenhalt. Zumal Bernd Funke, wie Manfred Junker heute ELV-Ehrenpräsident, damals zu der Forderung des OBs nachlegte: „Eissport gehört zu Niesky wie der Zinzendorfplatz.“ Das hat sich bis heute nicht geändert, wenn man Nieskyer fragt. Und so wundert es nicht, dass Manfred Junker sagt: „Das alles muss so bleiben.“ Mit einem überdachten Stadion, der neuen Eisanlage und den Fans lebt der Eissport in Niesky weiter. Das kostet viel Geld. Junker: „Wir in Niesky können und müssen dazu allerdings die Hausaufgaben machen. Ganz schnell.“
Warum ein Weißwasseraner das Waldstadion in Niesky unterstützt
Manfred Buder erreichte in seinem sportlichen Eishockeyleben fast alles: 202 Länderspiele für die DDR, sieben Weltmeisterschaften gespielt, einmal, 1968 bei Olympia dabei. Dazu kommen hunderte Einsätze und Tore für Dynamo Weißwasser. „Wie viel es waren, ich weiß es einfach nicht“, sagt der heute 75 jährige und damalige Superstürmer. Und schmunzelt: „Ich spielte immer für Weißwasser. Nur, Mitte der 1970er Jahre, da lief ich auch öfter für Niesky auf.“ Christian Kittner, Spieler bei dem „Freizeitteam“ Einheit Niesky und geschäftstüchtiger Fischmeister bei der Binnenfischerei Kreba, hatte einen guten Draht zu dem mehrmaligen DDR-Meister aus der Glasmacherstadt. Da war es sogar offiziell erlaubt, dass ab und an mal ein Weißwasseraner in das Einheit-Trikot schlüpfte. Besonders bei Spielen gegen starke polnische und tschechische Teams. Einmal, als Eintracht nach einer herben Hinspielklatsche in Wroclaw die Polen zum Rückspiel im Waldstadion forderte, lief eine ganz andere Mannschaft auf. „Die Polen machten schon große Augen beim Einspielen und Einlaufen. Als ich dann kurz nach Beginn den Puck von der blauen Linie in ihr Tor hämmerte, bewunderten uns die Gäste nur noch“, erinnert sich Manfred Buder. Einheit gelang unter dem tosenden Beifall von über 600 Zuschauern die Revanche. Die Weißwasseraner halfen damals mit einer kompletten Fünferreihe aus, mit Bernd Poindel, Heinz Schildau, Heinz Kutschera, Manfred Buder und Erich Novy. Als Dank für die Eishilfen gab es für die Dynamos immer frischen Fisch aus den Krebaer Teichen. Noch heute fühlt sich Manfred Buder mit dem Nieskyer Eishockeysport verbunden. Kein Wunder, formte er doch als Nachwuchstrainer großartige Cracks wie Jens Schabe, Steffen Tau oder Thomas Bresagk, die für die Tornados spielten bzw. noch spielen oder Trainer sind. Mit Sorge verfolgt er deshalb die aktuellen Probleme um den Erhalt des Eissports in Niesky. „Das Waldstadion muss modernisiert und so der Eissport erhalten bleiben. Wenn nicht, dann verliert die Stadt ein Stück ihres Herzens“, ist sich Manfred Buder sicher. Und nennt diesen Vergleich: Hätte nach den Querelen zum Schluss die Politik nicht die Weichen gestellt, würde in Weißwasser das neue Eistadion nicht gebaut. So soll und muss das auch in Niesky werden.
Wie der ELV den Eissport gerettet hat
Sportliche Flaute durch großen persönlichen Einsatz beendet 1992 entstand die Idee, Waldbad und Eisstadion zu modernisieren. Sportfreunde wie Manfred Junker, Manfred Meißner, Bernd Funke, Hubertus Noll, Hartmut Spitzner oder Gerd Jandik sahen es als persönlichen Auftrag an, die Eishockeytradition aufleben zu lassen. Stadtverwaltung und Stadtwerke gaben dazu volle Unterstützung. Und schon Anfang 1994 liefen die Eismaschinen im renovierten Stadion an. Voraussetzung für die Beendigung der fast siebenjährigen Eissportflaute aber war die Gründung eines Vereins. Am 17. November 1994 gründete sich nämlich der Eislaufverein (ELV) Niesky. Mit einem Eisfest am 9. Januar 1995 im Kunsteisstadion gab es einen glänzenden Einstand. Schnell hatte der ELV 240 Mitglieder. Neben dem Männer-Eishockey begann vor allem die kontinuierliche Aufbauarbeit im Kinder- und Jugendbereich. 1996 waren 402 Mitglieder im Verein integriert, davon zwölf in der Sektion Eisstockschießen. Die Mannschaft der Tornados Niesky startet voll durch Am 6. Dezember 1997, eine Woche nach der Jubiläumsfeier „50 Jahre Eissport in Niesky“, startet mit den Tornados die erste Männermannschaft in der Landesliga Ost im offiziellen Spielbetrieb. Obwohl es im ersten Spiel gleich eine Niederlage mit dem 0:6 gegen die New Kings Weißwasser gab, begann am folgenden Wochenende in Jonsdorf eine bis heute andauernde Erfolgsserie: Mit 10:1 wurde die ZSG weggefegt. Das erste offizielle Punktspieltor für die Nieskyer schoss Sven Rößler. Auch der erste Sieg auf heimischem Eis ließ nicht lange auf sich warten. Chemie Weißwasser wurde mit 13:2 nach Hause geschickt. Frank Perschmann erzielte im Waldstadion das allererste Tor. Am Saisonende kamen die Tornados auf Rang drei. Dank Chemnitz ging es in die erste große Meisterschaft Mit Spielertrainer Steffen Tau setzten die Tornados in der Saison 1998/99 ein erstes Ausrufezeichen. In zwei Entscheidungsspielen brach über die SG Chemnitz 1c wirklich ein Tornado herein. Mit 18:1 und 20:0 holten sich die Nieskyer Meistertitel und Aufstieg in die Sachsenliga. In den gelb-blauen Reihen standen u.a. Ronny Dudek, Steffen Tau, Rene Mirle, Roman Hubatsch, Gerd und Bert Jandik, Falk Perschmann , Maik Ansorg oder Marcel Hirsch. Rekorde, Frauen und prominente Spieler vor Ort Am 2. Dezember 2000 fegten die Tornados die Saale-Teufel mit 9:1 weg. Vor 1 863 Zuschauern! Das ist noch Stadionrekord. Namhafte Zugänge wie Thomas Bresagk, Torsten Eisebitt, Sebastian Greulich, René Michalk oder Jens Schwabe verstärkten das Team. In der Verbandsliga 2007/08 in Spielgemeinschaft mit den Jungfüchsen und mit Ivonne Schröter im Tor kommt man auf Rang zwei, ein Jahr später in der Regionalliga auf Platz drei. Heute spielt der ELV in der Oberliga.
|